Waffenbesitz und Waffengebrauch in Österreich
Am 25. Mai 1984 fand im Parlament eine Enquete mit dem Thema „Waffenbesitz und Waffengebrauch in Österreich“ statt.
Schon Mitte der Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts war das „Thema Waffengesetz“ Gegen-stand in der österreichischen Politik. Nicht erst, wie die meisten glauben, seit Mitte der Neun-zigerjahre.
Für heutige Begriffe hatten die Reden der Enquete-Teilnehmer einen so sensationellen Inhalt, daß sie dem Leser nicht vorenthalten werden sollen. Im Folgenden wird eine gekürzte Zusammenfassung des 61-seitigen stenographisches Protokolls als Nachtrag angefügt.
An der Enquete, die unter Vorsitz der drei Präsidenten des Parlamentes, Anton Benya, Mag. Roland Minkowitsch und Dr. Gerulf Stix stattfand, nahmen folgende Auskunftspersonen, Sachverständige und Politiker teil:
Bundes Innenminister Karl Blecha (SPÖ) Gruppenleiter Dr. Inge Petrik, Bundesministerium für Inneres Regierungsdirektor Wolfgang Teichmann, (Bundeskriminalamt der BRD) Kommerzialrat Walter Siegert, (Bundesberufsgruppe des Waffen- und Munitionshandels) Psychiater und Psychologe Univ.-Prof. Dr. Erwin Ringel Nationalratsabgeordneter Dr. Robert Lichal (ÖVP) Nationalratsabgeordneter Dr. Felix Ermacora (ÖVP) Nationalratsabgeordneter Hugo Westreicher (ÖVP) Nationalratsabgeordneter Robert Elmecker (SPÖ) Nationalratsabgeordnete Mag. Brigitte Ederer (SPÖ) Nationalratsabgeordneter Paul Posch (SPÖ) Nationalratsabgeordneter Ing. Hans Hobl (SPÖ) Nationalratsabgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (FPÖ) Nationalratsabgeordneter Friedrich Probst (FPÖ) Bundesrat Walter Strutzenberger (SPÖ) Bezirkshauptmann w. Hofrat Mag. Richard Wanzenböck, Sektionschef Dr. Egmont Foregger, (Bundesministerium für Justiz) Generalanwalt Dr. Karl Marschall, (Bundesministerium für Justiz) Polizeigruppeninspektor Adolf Vogt, (Zentralausschuß der Sicherheitswache) Univ.-Prof. Dr. Franz Császár, (Institut für Strafrecht und Kriminologie, Universität Wien) Kommerzialrat Dr. Constantin Breitenfeld, (Steyr-Daimler-Puch AG) Prof. Ing. Kurt Ladtätter (Zentralstelle österreichischer Jagdverbände) Prof. Alois Brunnthaler (Weißer Ring) Dr. Ronald Riedel (Österreichischer Schützenbund und Jagd- und Wurftaubenschützen) Brigadier Dipl.-Ing. Friedrich Dechant (Bundesministerium für Inneres) Oberrat Dr. Erik Buxbaum (Bundesministerium für Inneres) Hofrat Dr. Rudolf Szirba (Sicherheitsdirektion Wien)
1.) In seiner Einführung referierte Innenminister Karl Blecha zum Thema „Waffenbesitz und Waffen-gebrauch als gesellschaftliches und individuelles Problem.“ Zu Beginn erwähnte Blecha zwei spektakuläre Fälle des verbrecherischen Gebrauchs von Langfeuerwaffen, die in Österreich frei erworben werden konnten. Diese damals aktuellen Mordfälle haben die Diskussion über das österreichische Waffengesetz aufleben lassen. Nach heutigem Maßstab würde man nach diesen einführenden Worten Blechas das Schlimmste für den Legalwaffenbesitz befürchten. 1984 war das aber noch anders. Blecha hob in der Folge das Österreichische Waffengesetz als „modernes, den demokrati-schen Gesichtspunkten voll entsprechendes Waffengesetz, welches im Ausland als vorbildlich bezeichnet wird“, hervor. Der Ressortverantwortliche SPÖ-Minister sagte gleich zu Beginn, daß ihm eine generelle Verschärfung dieses vorbildlichen und liberalen Gesetzes in keiner Weise zielführend erscheine. Er erklärte weiter, daß die wenigen strafbaren Handlungen, die mit Feuerwaffen verübt würden, seiner Ansicht nach auch durch strengere waffengesetzliche Bestimmungen nicht auszuschließen seien. Blecha gab dann noch eine Erklärung mit sehr viel Sachkenntnis zum „Phänomen Waffe“ ab. Alles in allem eine durchaus vernünftige Ansicht eines SPÖ-Ministers. Heute wäre das undenkbar!
2.) Dr. Inge Petrik vom Innenministerium referierte über die „Rechtsgrundlagen des Waffenbesitzes und des Umfangs ihres gesetzmäßigen und gesetzwidrigen Gebrauches in Österreich. Sie gab dabei keinerlei politische Wertungen ab.
3.) Regierungsdirektor Wolfgang Teichmann vom Bundeskriminalamt der BRD sprach über „Waffenbesitz und Waffengebrauch in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz. Außer dem damaligen Deutschen Waffengesetz erläuterte Teichmann auch, daß in der Schweiz mehrere hunderttausende Wehrpflichtige ihre Sturmgewehre samt Munition zu Hause aufbewahren. Es sei daher schon unter diesem Aspekt wenig sinnvoll, den Zugang zu Jagd- und Sportwaffen, die wesentlich weniger gefährlicher sind, über Gebühr zu erschweren. Aufhorchen ließ der Deutsche Kriminalbeamte auch mit der Aussage, daß „Rechtsbrecher fast durchwegs illegal erlangte Schußwaffen verwenden und die mißbräuchliche Verwendung von Schußwaffen durch Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen sehr selten sind. Es folgte keine „Warnung“ der Bürger vor legal besessenen Schußwaffen aus dem Mund des hohen Polizeibeamten.
4.) Der Vorsitzende der Bundesberufsgruppe des Waffen- und Munitionshandels Kommer-zialrat Walter Siegert referierte einerseits über die „eingeschränkte und freie Erwerbbarkeit von Waffen aus der Sicht der Wirtschaft“, und andererseits als Sprecher einer Arbeitsgemeinschaft, die sich aus Vertretern von Schützenvereinen, der Jägerschaft, des einschlägigen Gewerbes und der Industrie zusammensetzt. In Österreich gibt es 560 konzessionierte Waffenhändler und Büchsenmacher, also Händler und Gewerbetreibende (1984). Dazu kommen 28 gewerbliche und industrielle Betriebe, die insgesamt 1.600 Arbeitsplätze bieten. Das sind rund 1.600 Arbeitsplätze, die in Österreich in der zivilen Waffenwirtschaft – Handel, Gewerbe und Industrie – zu verzeichnen seien. Siegert schnitt auch ein äußerst interessantes geschichtliches Detail an: Ein alter Kärntner habe ihm gesagt, daß die Kärntner drei Abwehrkämpfe geführt hätten, und zwar mit Heugabeln und Sensen – ein nächster Abwehrkampf müßte zwangsläufig mit Waffen unserer heutigen Zeit geführt werden, obwohl er hoffe, daß es nicht dazu kommen werde. „Ein Tiroler wie auch ein Kärntner hätten Siegert gegenüber auf diese Frage angesprochen, zur Antwort gegeben: „Wir lassen uns die Waffen nicht wegnehmen!“ Siegert gab weiters an, daß schätzungsweise eine Million, sich in privater Hand befindlichen Schußwaffen einem verschwindend geringen Anteil von 0,2 Prozent der mit Feuerwaffen begangenen Straftaten an der Gesamtkriminalität gegenüberstehe. Daraus läßt sich schließen, daß eine Senkung des Anteils von kriminellem Schußwaffengebrauch durch gesetzliche Bestimmungen utopisch sei. Der Bürger, insbesondere der Jäger und Sportschütze, sollte als disziplinierter Mensch ange-sehen werden, und es könne vorausgesetzt werden, daß dieser mit den Sicherheitsvorschriften und den Waffen bestens, zumindest aber im großen Durchschnitt vertraut sei. Laut Siegert gibt es eine Reihe von Gründen, die den Menschen zum Besitz von Waffen veranlassen. Die Ausübung der Jagd, die Neigung zum Schießsport, dann ein gewisses Traditionsbewußtsein, eine friedliche Faszination von der Waffe, der Ballistik, der Mechanik und der Sammlergeist. Es ist eine ganz große Gruppe, die sich dem verschreibt, die eine sehr friedliche und bestimmt bedenkenlose Neigung zu Waffen habe. Ohne Traditionsbewußsein – das ist nicht zu leugnen – bräuchte man keine Museen, man bräuchte in Ferlach keine Ausstellungsräume, wo man Waffen aus vergangener Zeit ausstellt; Waffen die von künstlerischem Wert sind und vielleicht in späterer Zeit noch mehr bewundert werden als heute. Dann gibt es noch eine Gruppe von Menschen die Waffen zur eigenen Beruhigung, vermut-lich als Abwehr gegen Angriffe auf ihr eigenes Leben oder auf das Leben ihrer Angehörigen, brauche. In der Waffenstadt Ferlach gibt es eine Genossenschaft der Büchsenmacher die 3.000 Men-schen Arbeit bietet. 1983 wurden in Österreich 11.080 Gewehre hergestellt. Der Jahresexport der „Ferlacher“ alleine umfaßte 1983 1.200 Gewehre, im Werte von 50 Millionen Schilling (3,6 Millionen Euro). Siegert bemerkte noch, daß die Jagd auch einen Erlös bringt. Es gibt eine Statistik, daß das Wildbret, also das Fleisch des erlegten Wildes – die Nichtjäger verstehen das nicht –, daß auf den häuslichen Tisch gelangt, einen Wert von 410 Millionen Schilling (29,8 Millionen Euro) jährlich ausmacht. Über die Waffen der Verbrecher äußerte sich Siegert folgendermaßen: „Die Verbrecher besorgen sich die Waffen ja nicht beim Waffenhändler. Man bräuchte also nicht auf die Waffenhändler aufzupassen, wie man glaubt. Als gerichtlich beeideter Sachverständiger und Teilnehmer an Schöffen- und Schwurgerichtsverhandlungen habe ich mir die Typen angesehen, die dort wegen Mordes angeklagt waren. Ich habe beobachten können, daß die Herkunft der Waffen meistens unergründlich war.“
5.) Universitätsprofessor Dr. Erwin Ringel sprach über „Freie und eingeschränkte Erwerbbarkeit von Waffen und ihrer Auswirkung auf die Aggressivität in der Gesellschaft“. Er stellte eingangs klar, daß er sich bei dieser Parlamentsenquete vorkomme wie auch immer sonst in der Gesellschaft, nämlich allein auf weiter Flur. Er verstehe gar nicht, warum hier geredet wird, wenn alles in Ordnung sei. Er sei sich auch im klaren, daß er hier hoffnungslos gegen den Strom schwimme. Als Psychiater habe er folgendes zu sagen: „Dieses Land ist voller Menschen, deren Ver-trauen in die Welt schon in den ersten sechs Lebensjahren zerstört wurde. Es ist gleichgültig, wie viele es sind, es sind jedenfalls viel zu viele. Wir wollen uns nicht um Prozente streiten. … Hier geht eine Welt zugrunde.“ Es folgte ein regelrechter psychiatrischer Anschlag – oder besser gesagt „Anfall“ – des Pro-fessors auf die „österreichische Seele“: „Es sind also Menschen mit einem mangelnden Selbstwertgefühl, mit einem mangelnden Sicherheitsgefühl und mit einem Gefühl der Feind-seligkeit der Umwelt, zu der kein Vertrauen besteht. Es sind außerdem Menschen, in deren früher Kindheit durch ständige Frustrierung, auf deren Quellen ich jetzt nicht eingehen möchte, eine ungeheure Erbitterung, ein Frustrationsgefühl entsteht, eine Aggressivität, eine geheime, zurückgehaltene Aggressivität, weil diese Menschen ja hinter einer Fassade leben müssen. Wir sprechen bereits von der Fassadenfamilie. …“
Das alles brachte Ringel ohne mit der Wimper zu zucken in Zusammenhang mit der Persön-lichkeit des rechtstreuen Waffenbesitzers.
„Fachmännisch“ stellte Ringel dann auch noch fest, daß die heutige seelische Landschaft Österreichs dadurch wesentlich gekennzeichnet sei, daß es einige wenige Menschen gäbe, die wirklich bedroht wären. Diese Menschen fühlten sich – oft zu ihrem Unglück – nicht bedroht. Und es gäbe ein Heer von Menschen, die nicht bedroht wären, aber sich ständig bedroht fühlten. Das sei ein ernst zu nehmender Punkt. Dann war der Professor richtig in Fahrt gekommen und er zitierte die vielen Nachteile des gültigen Waffengesetzes, das überhaupt in allen Bereichen viel zu liberal und zu milde sei. Für ihn sei beim Recht auf Waffenbesitz im Waffengesetz, und zwar bei der Ausstellung der Waffenbesitzkarte, die geltende „Muß-“, statt einer „Kann-Bestimmung“, eine Katastrophe. Der Begriff der im Gesetz verlangten „waffenrechtlichen Verläßlichkeit“ sei für ihn ein Scherz! Und dann werde der Besitz der Waffen auch viel zu wenig kontrolliert. Ringel wetterte in seinem psychiatrischen Rundumschlag weiter, daß die Berechtigung zum Waffenbesitz von den Waffenbesitzern „automatisch“ zum Führen der Waffe umgemünzt werde. Er zitierte dazu sogar Torbergs „Tante Jolesch.“ Dort sehe man die Gleichstellung zwischen Besitz und Tragen.“ Torberg führte in seinem Stück den in Rede stehenden Unterschied wie folgt ad absurdum: „Herr Richter, ich besitze das Instrument zum Begehen des Ehebruches, und ich trage es auch bei mir.“
Daraus zog Ringel die Erkenntnis das Waffenbesitzer „automatisch“ dasselbe tun würden und damit „automatisch“ einen Gesetzesbruch in Kauf nehmen würden.
Und weiter: „Unsere Welt ist voll von herumliegenden Pistolen. Ununterbrochen wird ein ungeheurer Mißbrauch betrieben.“ Ringel erinnerte an die „ungeheuren emotionalen Ausbrüche, die ein Mensch haben kann und in denen dann alles möglich sei und die Pistole eine ungeheure Macht werde, eine ungeheure Gefahr, ein ungeheures Symbol, der Machtausübung und der Zerstörung und der Vernichtung. Er erinnerte daran, welche ungeheuren Tragödien mit Kindern passieren, die herumliegende Pistolen benützen, es kommt zu Unfällen, aber auch zu Mord und zu Selbstmord. Er erwähnte die enorme Zunahme des Suizids und der Suizidversuche. … Als Ringl sich wieder halbwegs beruhigt hatte, gab er bekannt, daß er als Realist wisse, daß man mit Gesetzen diese Problematik nicht verändern könne. „Wer Gewalt üben will, wird sich immer ein Mittel dazu verschaffen wissen, legal oder illegal.“
Fraglich bleibt trotz dieser vernünftigen Äußerung, weshalb der Promi-Psychiater trotzdem die legalen und unbescholtenen Waffenbesitzer in Sippenhaftung für die bedauerlichen Taten der Kriminellen und Psychopaten genommen sehen möchte?
Danach begann der Professor plötzlich wirres Zeug und Tatsachen zu vermischen: Er bezeichnete seine Vorredner als eine Allianz – keine Heilige Allianz, sondern eine unheilige, die man einmal zur Kenntnis nehmen müsse. Waffen würden immer, zu allen Zeiten, verkauft werden. Und wenn man den Waffengebrauch illegal mache, so werde man den Waffenkauf wahrscheinlich nur erhöhen und die Preise steigern. Das wisse er auch. Er gab an, daß er als Psychologe vernünftig genug sei, die Realität zu sehen: „Diejenigen Parteien, die ihrer inneren Einstellung nach gegen Waffen sind, sind ipso facto auch strikt gegen restriktive Gesetze. Und jene, die für strengere Gesetze sind, die sind wieder für die Waffen.“
Nach dieser sehr ‚anspruchsvollen‘ Aussage verzeichnete das stenographische Protokoll „Bewegung im Auditorium.“
Ringel richtete dann noch aus, daß in seinen Augen vom gegenständlichen Gesetz zu große Waffenfreundlichkeit ausgehe. Wie er bemerkte, habe er sich bei seiner letzten Vorlesung als Medizinischer Psychologie vor etwa 400 Studenten entschuldigt, daß er die nächste Vorlesung nicht halten könne, weil er ins Parlament gehe und über Waffen sprechen werde. Er habe seinen Studenten versprochen, daß er gegen die Waffen sprechen werde. Dafür habe er einen spontanen Applaus von den jungen Leuten bekommen. Deshalb bat er die Anwesenden im Parlament die Jugend nicht zu übersehen, die man gerade in diesem Haus (Parlament) so gerne übersehe. Die Jugend wünsche eine neue Einstellung zur Waffe!
6.) Nach einer Unterbrechung um 12.10 Uhr setzte der ÖVP-Abgeordnete Dr. Robert Lichal die Diskussion fort. Dr. Lichal gab bekannt, daß Österreich über ein gutes Waffengesetz verfüge und das die derzeitigen Regelungen als ausreichend erscheinen. Einer eventuellen Verbesserung des Gesetzes sei er aber nicht abgeneigt. Er meinte, daß die Parlamentarier sich zu einem liberalen Waffengesetz bekennen sollten. Namens seiner Partei hielt er fest, daß die ÖVP die liberale Haltung des Waffengesetzes für gut ansehe. Natürlich müsse man darauf dringen, daß Verstöße gegen das Waffengesetz auch mit aller Schärfe geahndet werden. Überdies sollte der Kampf vornehmlich gegen den illegalen Waffenbesitz gerichtet sein. Aus den Referaten seiner Vorredner schloß Lichal, daß kriminelle Handlungen unbestreitbar mit illegalen Waffen erfolgten. Er vertrete daher die Auffassung, daß, je restriktiver das Waffengesetz sei, umso mehr die Illegalität gefördert wird und ein Ungleichgewicht gegenüber dem normgetreuen Staatsbürger zutage tritt. Nach Ansicht der ÖVP bestehe also keine Notwendigkeit, die Bestimmungen des Waffenge-setzes zu verändern. Lichal stellte dann sogar zur Diskussion, ob die Bedarfsprüfung zur Berechtigung zum Führen einer Faustfeuerwaffe nicht vereinheitlicht und erleichtert werden sollte. Lichal sagte, daß der Staatsbürger einen eigenen Freiheitsraum nützen können sollte, auch mit der Überlegung sich selbst wehren zu können. Nicht nur auf seiner eigenen Liegenschaft, nicht nur in seinem eigenen Geschäftslokal, sondern wann immer er glaubt. Dies sollte Grund dafür sein, daß der Bürger bei Unbescholtenheit einen Rechtsanspruch für einen Waffenpaß haben sollte.
7.) Der SPÖ-Abgeordnete Robert Elmecker hielt gleich zu Beginn seiner Rede fest, daß er – rein persönlich – die Befürchtung habe, daß bei einer Lockerung der Bedarfsprüfung bei den Faustfeuerwaffen einen Vermehrungseffekt in Richtung Ankauf von Faustfeuerwaffen hätte. Die in Österreich schon besessenen Waffen, seien für seine Begriffe ohnehin viel zu viel. Abgeordneter Elmecker unterstrich die Aussage seines Vorredners Lichal, daß eine generelle Verschärfung des Waffengesetzes aber sicherlich nicht zielführend sei. Ebenso sei ihm ganz klar, daß eine Verschärfung des Gesetzes den kriminellen Gebrauch nicht verhindern werde. Auch er wisse, so wie Lichal, daß für kriminelle Handlungen Waffen aus der Illegalität verwendet werden. Elmecker ging auch auf die Rolle der Medien bei Berichten über grausliche Verbrechen ein. Durch den Multiplikationseffekt werde von den Medien bei der Bevölkerung eine subjektive Verunsicherung hervorgerufen, die mit dem objektiven Sicherheitstatbestand überhaupt nichts zu tun hat. Durch die tagelangen Berichte über grausliche Morde entsteht in der Bevölkerung Angst, fast eine neurotische Angst und diese neurotische Angst führt dann zu diesem subjektiven Unsicherheitsgefühl. Eine Waffendiskussion im Anschluß an solche Dinge sei sicherlich unangebracht. In seinem Referat stellt Elmecker dann noch fest, daß eine Umrüstung der Exekutive auf die neue Glock-Pistole, wie es der Abgeordnete Lichal verlangt habe, wegen der seltenen Schußwaffengebräuche nicht notwendig sei.
8.) Die Richterin und Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Helene Partik-Pablé (FPÖ) ergänzte die Aussagen des Psychiaters Ringel, daß zwar viele Kinder von ihren Eltern frustriert und gequält werden. Gerade als Richterin muß sie nämlich sagen, daß mißhandelte Kinder, wie sie aus den Strafakten ersehen könne, nicht mit Pistolen, Revolvern und Jagdgewehren bedroht würden sondern an den Kindern werden als Aggressionsdelikt Zigaretten ausgedrückt, oder sie werden mit Holzpantoffeln geschlagen. Daher glaubt sie, daß man in einer so emotional geladenen Sache wie dem Waffengebrauch nicht das Maß der Realität verlieren darf. Partik-Pablé sagte weiters, daß man nicht einerseits von einem Rechtsstaat reden könne, andererseits aber beim Waffengesetz Maßnahmen trifft, wie sie nur in einem totalitären Staat vorhanden sind. Sie sagte auch, daß es einfach nicht stimme, daß dort, wo der Zugang zu den Waffen sehr limitiert ist, auch die Kriminalität sehr gering sei. Viele würden das so glauben, aber die Statistiken beweisen das Gegenteil. Der harte Kern des Berufsverbrechertums würde immer wieder Wege finden sich Waffen zu verschaffen. Sie halte daher eine Gesetzesänderung bezüglich der Faustfeuerwaffen in Österreich für nicht notwendig.
9.) Dr. Felix Ermacora (ÖVP) geht davon aus, daß man weit davon entfernt sei, Gewaltver-bote zu beachten. Das heißt, man wird daher auch, da die Waffe ein Element der Gewalt ist, mit ihr zu leben haben. Seiner Meinung nach, sollte es ein Auftrag an die politische Bildung sein, daß, solange die Gewalt in der Welt nicht abgeschafft sei, die Waffe eben ein Element sei. Man könne im Lichte der gesellschaftlichen Gegebenheiten die Waffe nicht schlechthin verurteilen.
10.) SPÖ-Abgeordnete Brigitte Ederer fragte, wovor sich die Menschen eigentlich fürchten. Sie gab auch gleich mit den Worten des Prof. Ringel die Antwort darauf: Die große Anzahl der Bevölkerung fürchtet sich vor etwas, vor dem sie sich gar nicht zu fürchten braucht, und sich aber vor dem nicht fürchtet, wovor sie sich eigentlich fürchten sollte. Sie selber fürchtet sich viel mehr, durch einen Autounfall ums Leben zu kommen, als durch eine Schußwaffe. Zum Waffengesetz meinte Ederer, daß sie glaube, daß weniger eine Verschärfung sondern wesentlich mehr die Beibehaltung eines Klimas, in dem ‚Schußfeuerwaffen‘ nicht gerade positiv bewertet würden, das Wichtigste sei und auch sein sollte. Sie fühle sich durch jede zusätzliche Schußwaffe, die in Umlauf kommt, in ihrer Freiheit sehr stark eingeschränkt.
11.) Bezirkshauptmann Hofrat Mag. Richard Wanzenböck sprach im Namen einer Behörde, die mit dem Erwerb von Schußwaffen zu tun hat. Zur Liberalisierung des Bedarfs sagte Wanzenböck, daß er bei den Verfahren immer wieder draufgekommen sei, daß der Waffenpaß – wie auch andere Dokumente, so etwa die niedrigen Autonummer oder das berühmte Sonderpickerl beim autofreien Tag – zu einem Statussymbol geworden sei. Es gibt Leute, die setzen ihren vollen Ehrgeiz darein, derartige Waffenur-kunden zu erlangen, obwohl sie sie wahrscheinlich tatsächlich gar nicht bräuchten. Daher glaube er, wenn man die Bedarfsfrage etwas liberalisieren würde, so würden vielleicht eher Leute davon abgehalten werden, solche Waffen zu erwerben oder zu führen, weil das dann jedermann kann und er aus der Gesellschaft gar nicht so sehr herausrage, als wenn er auf- grund einer solchen Urkunde eine besondere Stellung in der Gesellschaft einnehme. In Zusammenhang mit den Langwaffen regte der Bezirkshauptmann (und das schon 1984!) an, daß bei einer Registrierung dieser, für die Behörde die Möglichkeit bestünde, die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Besitzers festzustellen. Er verwies dabei auf die Geisteskrankenkartei, auf die Suchtgiftkartei und auf die Strafregisterauskunft.
12.) Polizeigruppeninspektor Adolf Vogt vom Zentralausschuß der Sicherheitswache erläuterte in seiner Rede die schwierigen Entscheidungen der Beamten vor dem Einsatz einer Schußwaffe. Der Beamte muß im Ernstfall im Bruchteil einer Sekunde die richtige Entscheidung treffen, wogegen sich das untersuchende Gericht nach dem Schußwaffengebrauch Monate damit beschäftige. Vogt plädierte für eine Vereinfachung der Waffengebrauchs-bestimmungen. Die geplante Umrüstung der Exekutive auf eine 9-mm-Waffe sei nach Angabe von Vogt nur für die Polizei erforderlich, da die Gendarmerie schon mit einer 9-mm-Pistole ausgerüstet sei, die Polizei jedoch noch immer mit einer 7,65-mm-Waffe.
13.) Sektionschef Dr. Egmont Foregger sagte, daß sich der Gesetzgeber nicht von der Vision einer waffenlosen Gesellschaft – wie sie sehr vielen in unserem Volke sehr gut gefallen würde – leiten lassen dürfe. Der Gesetzgeber müsse von der Realität ausgehen. Foregger verneinte eine Reform des Waffengesetzes an Haupt und Gliedern. Eine Registrierung der Gewehre sei für ihn sehr überlegenswert.
14.) Der Generalanwalt Dr. Karl Marschall sprach als Experte für Staatschutz und Staatsschutzdelikte, vom internationalen Waffenhandel und von der Neutralitätsgefährdung. Er regte an, daß man die Bestimmungen des Strafgesetzes (wie das Ansammeln von Kampfmitteln) mit den Bestimmungen des Waffengesetzes besser in Einklang bringen sollte. Aus seiner Erfahrung kommt es dabei immer wieder zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Marschall halte es durchaus für richtig, daß jemand eine oder zwei Pistolen besitzen könne. Aber 30, 40 Pistolen würden, nicht notwendig sein.
Dr. Marschall war so wie Prof. Ringel schwer behindert und an den Rollstuhl gefesselt.
15.) Dr. Franz Császár, der 1997 Präsident der IWÖ werden sollte, nahm zu zwei Punkten Stellung: Erstens zu der allgemeinen Frage eines Zusammenhanges zwischen der Verfügbarkeit von Schußwaffen einerseits und der Häufigkeit von sozial unerwünschten Vorfällen auf der anderen Seite. Zweitens zu einem Detailproblem, nämlich zur Bedeutung einzelner Waffentypen im Rahmen des Mißbrauchs von Schußwaffen. Prof. Császár sagte, daß er die Ausführungen und das Engagement von Prof. Ringel bewun-dert habe. Er bedaure es aber sehr, daß Ringel nicht mehr anwesende sei, weil er (Császár) im mit ebensolchem Engagement entgegenhalte, daß die von Ringel geäußerte Meinung, er müsse allein gegen den Strom schwimmen, vor allem darauf beruhe, daß seine Ansichten über die negativen Auswirkungen des Vorhandenseins von Schußwaffen und des angeblich zu leichten Waffengesetzes aus der Sicht seines Faches nicht mit den Tatsachen vereinbar seien. Wäre praktisch die österreichische Bevölkerung in einer „Welt voll herumliegender Pistolen, die dauernd mißbraucht werden“, wie es Prof. Ringel so ungeheuer gefährlich dargestellt hatte, dann bleibe für ihn (Császár) unverständlich, weshalb bei, grob geschätzt, einer Million vorhandener Schußwaffen in Österreich im Jahr 1982 nach den Angaben der polizeilichen Kriminalstatistik nur rund 0,1 Prozent, nämlich weniger als 500 aller behördlich erfaßter Straftaten unter Verwendung einer Schußwaffe begangen würden. Alle internationalen Erfahrungen zeigten vielmehr übereinstimmend, daß kein Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Schußwaffen einerseits und der Häufigkeit und Schwere von Kriminalität andererseits bestehe. In der Tat gäbe es, wie Prof. Ringel anführte ein hohes Maß an Aggressivität in unserer Gesellschaft. Sie fände einen schmerzlichen und sehr greifbaren Niederschlag zu einem hohen Teil in 1.700 Toten und 50.000 Verletzten im Straßenverkehr, und sie werde durch tagtägliche Gewaltdarstellungen in den Massenmedien sicher ungleich stärker angehoben als durch das Vorhandensein von Schußwaffen. An dem von Innenminister Blecha einführend angeführten Schußwaffenmord, bei dem ein Jugendlicher mit einem Militärkarabiner drei Menschen erschossen hatte, sei die Auffälligkeit erwähnenswert, daß der Täter einem der Opfer nach dem Erschießen noch den Kopf abgeschnitten hat. Bezüglich der 1979 im Gesetz erlaubten alten Militärkarabiner erwähnte Császár, daß seit der Änderung die Häufigkeit von Delikten mit diesen Waffen um 20 Prozent gesunken sei. Császár ging auch auf eine Bemerkung von Prof. Ermacora ein, der eine weitverbreitete, aber nicht unbedingt zutreffende Ansicht über die Situation in den Vereinigten Staaten hinsichtlich Verfügbarkeit von Schußwaffen und Ausmaß von Gewaltkriminalität erwähnte. Ermarcora sagte in seinem Referat, daß man nicht in Arizona oder Texas sei, wo man in ein Geschäft geht und eine Schußwaffe kauft. Császár gab dazu an, daß er persönlich lieber in Arizona oder Texas unter diesen Umständen leben würde als etwa in New York, Chicago, Detroit oder Washington, wo bei 6 Prozent der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten 20 Prozent aller Morde begangen werden, wo in New York nur wenige Hunderte Personen die Privater-laubnis bekommen, eine Faustfeuerwaffe zu führen oder zu besitzen, wo aber nach Schät-zungen der Exekutive ein bis zwei Millionen illegale Faustfeuerwaffen im Umlauf seien
16.) Kommerzialrat Dr. Constantin Breitenfeld (Steyr-Daimler-Puch AG) versuchte die statt-gefundene Enquete auf einen Nenner zu bringen. Der Nenner sollte heißen: Ist es möglich, durch eine Novellierung des Waffengesetzes einen Fall wie den des geschilderten Dreifach-mordes zu verhindern? In seinen Ausführungen bekräftigte Innenminister Blecha, daß es nach seiner Einschätzung durch eine Novellierung nicht möglich sei so einen Fall zu verhindern. Nach den Ausführungen von Frau Dr. Petrik wird es nicht möglich sein mit einer Gesetzesän-derung einen Mordfall zu verhindern. Kommerzialrat Siegert konnte sich ebenfalls nicht vorstellen, daß das ein Mord mit einer Novelle zu verhindern sei. Zu Prof. Ringels Ausführungen äußerte sich Dr. Breitenfeld, daß ihm der Professor ein wesentlich besserer Psychologe als Kenner des Waffenrechts zu sein scheine. Über das Ansinnen von Abgeordneten Lichal, eine Registrierung bei Neukäufen einzuführen fragte Breitenfeld, ob die Bekanntgabe des Namens und der Adresse einen Mordfall verhindern soll oder ob es eine Alibiaktion sein sollte. Darüber sollte man sich im klaren sein. Den Worten der Abgeordneten Partik-Pablé entnahm Breitenfeld ebenfalls, daß eine Ge-setzesverschärfung in Hinblick auf die Verhinderung von Morddelikten eine Alibiaktion sei. Über die Bemerkung von Hofrat Wanzenböck das Waffengesetz und die Suchtgiftkartei bzw. die Geisteskrankenkartei zu verbinden sagte Breitenfeld, daß man es sich schon überlegen sollte, ob diese Maßnahme zur Verhinderung von Gewaltverbrechen zielführend sein könne. Zu Lichals Ausführungen sagte Breitenfeld noch, daß es gänzlich gleichgültig sei, ob jemand mit einem Karabiner erschossen wird oder mit einem Jagdrepetierer.
17.) Als nächster referierte Professor Ing. Kurt Ladstätter (Zentrale Landesjagdverbände) über den beachtlichen Wirtschaftwert den die 110.000 Jäger (1984) mit ihrem Hobby bzw. ihrem Beruf für das Land erbrächten. Er betonte auch, daß sich die Jäger ihrer hohen Verantwortung hinsichtlich des Führens von Schußwaffen bewußt seien. Und daß die Jäger mit dem derzeitigen Waffengesetz durchaus zufrieden seien. Weitblickend bat Dr. Ladstätter, daß man die Regelung aus der deutschen Waffengesetzge-bung übernehme, wonach der Jäger aufgrund einer gültigen Jagdkarte die Berechtigung hat, zwei Faustfeuerwaffen zu besitzen und auch zu führen. Ladstätter widersetzte sich auch für den Bereich der Jäger dem Ansinnen Langwaffen zu registrieren, da die Jäger bereits wiederholt in verschiedenster Form behördlich erfaßt beziehungsweise auch bei den Jagdverbänden erfaßt seien. Die bestehende Erfassung sei daher ausreichend.
18.) Professor Alois Brunnthaler vom Weissen Ring erläuterte die Ziele seines Vereins, der es sich zu Aufgabe gemacht habe, den Opfern von Verbrechen, die der Hilfe bedürfen, zu helfen. Für den Verein sei es egal, ob es sich um Opfer von Verbrechen mit Schußwaffen oder um andere handelt. Der Verein hilft allen, die Hilfe brauchen. Die Frage, ob der Verein für eine Verschärfung des Waffengesetzes sei, sei eigentlich nicht relevant. Für den Verein ginge es einzig darum, zu erreichen, daß die Zahl der Opfer von Schußwaffen verringert werde. Er glaube nicht, daß dies auf legistischem Wege möglich sei. Für den Weissen Ring ergäbe sich vielmehr das Problem, daß der Verbrecher in den Massenmedien wie ein Held dargestellt werde. Für junge Menschen, die labil sind, sind die Berichte in verschiedenen Fernsehfilmen und in Zeitungen eine Art Gebrauchsanweisung – so kann ich es machen. Prophetisch fügte er noch hinzu: „Es ist natürlich sehr schwer für uns, als kleine Organisation hier etwas erreichen zu wollen, den das Fernsehen wird nicht so leicht von diesen Dingen abgehen.“
19.) Für den Österreichischen Schützenbund nahm Dr. Ronald Riedel, auch ein späteres Vor-standsmitglied der IWÖ (1997), zum Thema Stellung: Zuerst sagte Dr. Riedel, daß er sich zur Vorbereitung auf die Enquete ein bißchen mit dem Buch von Prof. Ringel befaßt hätte. Es habe ihn daher nicht gewundert, zu hören, daß das österreichische Volk zu einem großen Teil aus Neurotikern bestehe. Riedel dazu wörtlich: „Wahrscheinlich haben sie heute einen Mann mit mangelndem Selbstwertgefühl, mangelndem Vertrauen, mit geheim zurückgehaltener Aggressivität vor sich. Ich bin nämlich Besitzer von Waffen, ich repräsentiere hier den Österreichischen Schützenbund, bin selbst aktiver Sportschütze und gleichzeitig auch Funktionär und wurde auch gebeten, die Belange der Österreichischen Jagd- und Wurftaubenschützen mit zu vertreten, die von einer Verschärfung, die Langwaffen betreffen würden, besonders betroffen wären.“ Dr. Riedel sagte, daß er mindestens 55.000 Österreicher vertrete, die in seinen Augen aufrech-te, ehrenwerte Leute seien, die sich vor der Behörde und auch sonst offen zu ihrem Waffenbe-sitz deklarieren, und es sich hier nicht um Praterstrizzi oder Peitscherlbuam handle. Diese mindestens 55.000 ehrlichen Österreicher haben in den letzten Jahren das Vertrauen, das ihnen der Gesetzgeber entgegengebracht hat, indem er den Erwerb von Langwaffen ab 18 Jahren freigegeben hat, sicherlich nicht mißbraucht. Wie man aus den Statistiken und Zahlen, die Frau Gruppenleiterin Dr. Petrik und auch der Herr Innenminister genannt haben, ersehen kann, ist die Zahl der Delikte, die mit legal erworbenen Waffen – seien es Faustfeuerwaffen oder Langwaffen – begangen wurden, äußerst gering. Dr. Riedel glaube also, daß das Vertrauen gerechtfertigt war und auch in Zukunft gewährleistet sein sollte. Die österreichischen Sportschützen seien sich durchaus der Problematik bzw. der Diskussion, die einige spektakuläre Mordfälle mit sich gebracht hatten, bewußt und auch die, österrei-chischen Sportschützen haben kein Interesse daran, daß ein Psychopath frei eine Waffe erwirbt. Dr. Riedel, der Richter von Beruf ist, gab aber zu bedenken, daß der Zugang zu jeglicher Art von Waffen durchaus möglich ist, wenn man sich ein bißchen mit der Materie befaßt und über das nötige Geld verfügt. Riedel meinte hier die illegalen Waffen. Eine Registrierung von Langwaffen sei nach Ansicht Riedels bestimmt nur eine Alibiaktion. Die Frage von Frau Abgeordneter Ederer, wo die hunderttausend schwarzen Waffen herkommen, beantwortete Dr. Riedel mit dem Hinweis, daß nach dem Krieg selbst die Todesstrafe nicht ausgereicht hatte, die große Zahl der Waffenbesitzer zu veranlassen, alle Waffen anzu-melden, was immer die Gründe dafür gewesen sein mögen. Die Aussagen der Abgeordneten Ederer und des Psychologen Dr. Ringel, daß die Mehrzahl der Jugend Waffen ablehne, verneinte Dr. Riedel. Die Sportschützen hätten nämlich überhaupt kein Problem mit dem Nachwuchs.
Bezüglich einer eventuellen Registrierung der Langwaffen machte Dr. Riedel bei der Enquete (1984) unbewußt eine Prophezeiung für die Jahre 1995 und 2014, nämlich, daß man damit automatisch einen neuen schwarzen Markt schafft.
20.) Brigadier Dipl.-Ing. Friedrich Dechant ergänzte anfangs seines Referates, daß ein Teil der angesprochenen „Schwarzwaffen“ noch aus der Zeit des 2. Weltkrieges bzw. der Nach-kriegszeit stamme. Dabei handelt es sich um Faustfeuerwaffen, Maschinenpistolen und Maschinengewehre. Das geht aus Gerichtsverfahren immer wieder hervor. Ein weiterer Teil der illegalen Waffen kommt über die Donauschiffahrt aus dem Ostblock, wo ein berüchtigter Umschlagplatz, ebenfalls aus Gerichtsakten ersichtlich, der Mexikoplatz in Wien ist. Auch in Linz befindet sich ein solcher Umschlagplatz. Ein weiterer Zuzug von Maschinenpistolen und Maschinengewehren kommt aus Italien. Das zur Herkunft der Schwarzwaffen. Eine Verhinderung dieses Schwarzmarktes sei nicht einmal den Alliierten in den Jahren 1945 bis 1955 möglich gewesen. Ein weiterer Aspekt, der heute immer wieder anklingt, sei die Angst vor dieser Million Schußwaffen in Österreich. Als Sachverständiger im Verteidigungsministerium sei er für die gesamte Waffen- und Munitionstechnik zuständig. Er habe vor dieser Million von Schuß-waffen keine Angst, aber er habe Angst, wirkliche Angst, vor den Millionen Sprengtonnen in den Atomsprengköpfen. Das ist eine reale Angst, die wir haben sollten, und nicht Angst vor dieser Million Waffen. Denn hier müsse man auch wieder die wahren Verhältnisse erkennen: Die Bedrohung durch diese relativ unwirksamen Waffen, relativ im Vergleich zur gewaltigen Bedrohung, die uns von allen Seiten umschließt.
Heute stellt sich die Angelegenheit des Schwarzwaffenerwerbes viel einfacher dar als dies Brigadier Dechant 1984 geschildert hatte. Natürlich werden in diesem Werk keine zweck- dienliche Hinweise gegeben.
21.) Bundesrat Walter Strutzenberger, der mehr als zwanzig Jahre Kriminaldienst nachweisen kann, stellte fest, daß auch er der Meinung sei, daß das liberale Waffengesetz, das man derzeit habe, völlig ausreicht.
22.) Oberrat Dr. Erik Buxbaum vom Innenministerium sprach die bei der Enquete mehrmals vorgebrachte Kritik am Vollzug beim Erwerb von waffenrechtlichen Urkunden an. Es sei ihm durchaus bewußt, daß es Unterschiede bei den verschiedenen Behörden gäbe, obwohl das Gesetz, die Verordnungen und die Erlässe für alle gleich sind. Das Problem liege im vorgesehen „Ermessen der Behörde“, das eben nicht überall gleich gehandhabt wird. Im Ministerium glaubt man, daß bei der Ausstellung von Waffenpässen ein restriktiver Standpunkt einzunehmen ist, daß der Bedarf sehr genau zu prüfen ist. Man sollte jetzt nicht eine totale Umdrehung der Praxis herbeiführen und es aus Vereinheitlichungsgründen überall leichter machen, sondern: Wenn man vereinheitliche, dann sollte man es überall schwieriger machen – so wie bisher bei den restriktiven Behörden.
23.) Der Abgeordnete Ing. Hans Hobl (SPÖ) ging noch einmal auf den vielzitierten Dreifachmord mit einem Karabiner ein: „Als vor einem Jahr die Morde begangen wurden, wenn sie sich erinnern, war in der österreichischen Öffentlichkeit eine Riesenaufregung: das Waffengesetz sei offenbar viel zu liberal, es könne doch nicht sein, daß so ein junger Mensch einfach in ein Geschäft geht, sich einen alten Karabiner kauf, den absägt, Munition bekommt, und dann kann er erschießen, wen er will. So war damals die Stimmung. Und natürlich wurde die Parlamentarier gefragt: Was machen sie jetzt für Initiativen? Was werden sie tun? Werden sie nicht sofort einen Antrag auf Verschärfung des Waffengesetzes einbringen? Meine Antwort war: So ein Ereignis, so tragisch es auch sei, könne doch nicht Ursache dafür sein, sofort eine Gesetzesreform in Angriff zu nehmen.“ Er habe sich damals dafür ausgesprochen, daß man einmal saldiere, was das Waffengesetz in Österreich bisher an Positivem und Negativem gebracht hat? Dieses Saldieren sei im Rahmen der Enquete möglich, wo sehr fachkundiges Publikum den Parlamentariern zu Auskünften – so wie es die Geschäftsordnung vorsieht – zur Verfügung stehe. Und alles, was er bisher gehört habe, sage ihm als Parlamentarier, daß man mit dem Waffengesetz zufrieden sein könne. Zum Referat des Prof. Ringel machte Hobl noch die Anmerkung, daß man eine Enquete macht ohne vorher zu wissen, was die Redner später sagen werden. Und wenn dann dabei herauskommt, daß der besprochene Gegenstand, wie hier das Waffengesetz, ohnehin ganz gut ist, dann ist das eben ein gutes Ergebnis, ob es einem Professor der Psychologie paßt oder nicht. Zum Punkt der Neurotiker in Österreich sagte Hobel, er habe schon als relativ junger Mensch zur Kenntnis genommen, daß jeder Mensch ein Neurotiker sei. Die große Masse habe die gleichen Neurosen, und die Minderheiten hätten halt differente Neurosen. Die Psychologie und Psychiatrie wolle in Wahrheit alle Bürger psychiatrieren, und er sei dagegen, daß die Menschen eine Gesellschaft von Psychiatrierten werden.
24.) Hofrat Dr. Rudolf Szirba von der Sicherheitsdirektion Wien schloß sich bezüglich des vorhandenen Waffengesetzes seinen Vorrednern an, indem er äußerte, daß auch er prinzipiell der Meinung sei, daß das geltende Gesetz durchaus brauchbar sei. Zu den Massenmedien bemerkte Szirba, daß sie mit ihrer Berichterstattung und der damit in Zusammenhang stehenden Erregung eines subjektiven Unsicherheitsgefühls, der Bevölkerung keinen guten Dienst erweisen würden. Zu der von Professor Ringel geübten Kritik an der Verläßlichkeitsprüfung gab Dr. Szirba an, daß anläßlich eines anderen spektakulären Gewaltverbrechens, nämlich des Falles Ernst Dostal, der 1973 ein mehrfaches Blutbad angerichtet hatte, im Innenministerium eine Bespre-chung stattgefunden habe, wobei ein Psychiater den Gedanken geäußert habe, daß jeder, der sich um eine waffenrechtliche Urkunde bemühe, von vornherein schon in psychiatrischer Hinsicht als suspekt anzusehen sei. Mit anderen Worten: Man müßte jeden Bewerber um einen Waffenpaß zunächst einmal zu einem Psychiater schicken. Dr. Szirba sagte zur verlangten Zwangspsychiatrierung noch, daß die Leute wahrscheinlich berechtigter Weise schimpfen würden, wenn jemand einen Antrag stellt und er deshalb zum Psychiater geschickt werde. Das Verlangen des Psychiaters nach einer Zwangspsychiatrierung war ebenso unsinnig wie der Psychotest den das Waffengesetz 1996 vorschrieb. Aber daraus geht eindeutig hervor, daß die Psychoprofis langfristig denken. Das Ziel ist augenscheinlich die persönliche Bereicherung. Es geht hier schließlich um etwa 100 Millionen Euro, die es zu verteilen gäbe. Inzwischen haben sie ihre festgesetzten Ziele fast erreicht. Nicht einmal George Orwell hätte sich ausmalen können, daß dieser psychologische Unsinn schon nach 12 Jahren in Österreich Wirklichkeit werden würde.
25.) Abgeordneter Hugo Westreicher (ÖVP) klärte darüber auf, daß es schon 1526 eine Tiroler „Land-Lybelle“ gegeben habe, wonach jedem freien Tiroler zugestanden ist, auch frei seine Waffen zu besitzen und zu tragen. In der damaligen Zeit, in der noch in Europa weitgehend Leibeigenschaft geherrscht hat, hat diese älteste Festlanddemokratie Tirol einen Schritt getan, wo sie auf die Reife und den Wehrwillen ihrer Bevölkerung vertraut hat. Westreicher folgerte aus der Diskussion, daß die Enquete-Teilnehmer mit ihrer liberalen Einstellung zum Waffengesetz ihrer Bevölkerung ebenfalls ein Zeugnis für Reife in der Demokratie und den Mut zum Wehrwillen bescheinigten. Er bekannte auch, daß er einer von diesen Millionen Waffenbesitzer sei, die es in Österreich gibt. Er besitze seine Waffen aber nicht weil er sich bedroht fühle, wie Frau Ederer meinte, sondern er besitze sie eben aus Freude am Sport, aus Freude an der Jagd, aus Freude am Schießen. Er würdigte den Ruf der österreichischen Büchsenmacher, die weltweit berühmt sind. Er äußerte auch den Wunsch an den Minister, daß man zeigt, daß die Obrigkeit wie in Deutschland draußen, Vertrauen in die Bevölkerung habe und dem Jäger, verbunden mit dem Jagdschein, auch die Pistole zu Jagdzwecken anzuvertrauen.
26.) Abgeordneter Paul Posch (SPÖ) gab bekannt, daß die österreichische Bevölkerung vor Waffennarren, den Schießwütigen und schließlich Abartigen geschützt werden sollte. Um seine Aussage zu unterstreichen zitierte er einen abscheulichen Doppelmord mit einer Schuß-waffe.
Posch hatte völlig recht, daß er ein Verbrechen verurteilte. Er tat aber Unrecht, das Verbre-chen mit den rechtstreuen Waffenbesitzern in Verbindung zu bringen. Da hat er was verwechselt.
27.) Dr. Robert Lichal wurde vom Vorsitzenden Präsidenten Benya ein zweites Mal das Wort erteilt. Lichal bemühte sich abermals für eine Umrüstung aller Exekutivbeamten in Österreich, die er schon seit Jahren verlange, auf eine Waffe im Kaliber 9 mm. Im Ernstfall sei der Sicherheitswachebeamte in Wien bei einem Feuerwechsel genauso gefährdet wie ein Beamter eines Sonderkommandos. Jeder Beamte hat nur ein Leben und das heißt es im Notfall auch wirkungsvoll zu verteidigen. Zur angesprochenen Angst der Jugend vor Waffen sagte Lichal wörtlich: „Ich glaube, die Angst der Jugend vor den Waffen ist sicher nicht die Angst vor dem Jagdgewehr, sondern vor der SS 20 und der Pershing und alle die militärischen Kampfmittel, von denen man heute spricht. Der von Dr. Buxbaum angeregten Vereinheitlichung der Bedarfsprüfung in die Richtung, daß man einheitlich den strengeren Maßstab annimmt, schloß sich Lichal nicht an.
28.) Abgeordneter Friedrich Probst (FPÖ) sagte unter anderem, daß sich die Parlamentarier auf keinen Fall von der Hysterie von Blättern, von Medien mitreißen lassen sollten, die ihren Umsatz nach dem Grad der Hysterie regulieren können, den sie zu erregen imstande sind. Er stellte fest, daß es keine Korrelation zwischen liberaler Handhabung des Waffengesetzes und der Rate an Gewalttaten zu geben scheint. Dann erzählte Probst freizügig ein Beispiel aus seinem Familienleben: Gerade als seine Söhne auf die Welt kamen, gab es in Österreich einige fürchterliche Unfälle mit Waffen, in die immer Buben verwickelt waren. Da er Jäger war, war seine erste Absicht: Die Waffen kommen aus dem Haus! Dann las er noch aus Roseggers Waldheimat, daß ein Sohn einer waffenfeindlichen Familie seinen besten Freund erschossen hat, weil der Freund der Sohn eines Waffenbesitzers war und der Schlüssel aus einem Geheimfach entwendet wurde. Obwohl der Vater alles mögliche getan hatte, konnte er den Unfall nicht vermeiden. Der jugendliche Unglücksschütze hat nicht gewußt, wie man mit einer Waffe umgeht. Seit der Geburt seiner Buben, hängen daher die Gewehre an der Wand, selbstverständlich ungeladen. Auch den Lagerungsort der Patronen kannten die Buben. Was hat Probst gemacht? Er hat den Kindern vom ersten Tag an, die fürchterliche Wirkung einer Waffe gezeigt und ihnen im frühen Alter von sechs Jahren, den ersten Schuß aus einem Flobertgewehr und mit acht Jahren den ersten Schuß aus einem Schrotgewehr erlaubt. Es hat vier Jahre gedauert, bis der zweite Wunsch, noch einmal schießen zu dürfen kam. Es ist nie etwas passiert. Sie haben gewußt: Jederzeit, wann immer sie wollen, dürfen sie eine Waffe angreifen. Aber der Vater muß dabei sein und der Vater wird nie nein sagen. Und jetzt ist sein kleines Buberl bereits soweit, daß es sich gegen die Waffen sträubt. Warum sträubt er sich? Er ist einjährig Freiwilliger und er sagt: Wenn ich schieß‘, muß ich hinterher putzen. Die Buben wissen aber mit Waffen umzugehen.
Die von Probst geschilderte Verwahrungsart seiner Schußwaffen ist natürlich nach dem derzeitigen Stand des Gesetzes (WaffG 1996) nicht mehr erlaubt und sie würde den sofortigen Entzug der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach sich ziehen. Den Kindern den sicheren Umgang mit Waffen und die tatsächlichen Gefahren zu lehren hat etwas Positives an sich. Es ist aber nur auf behördlich konzessionierten Schießplätzen unter Aufsicht eines Verantwortlichen erlaubt.
29.) Generalanwalt Dr. Karl Marschall befaßte sich in seiner Rede vor allem mit den gesetz-lichen Bestimmungen des Waffengesetzes und deren Auswirkungen auf die Waffenbesitzer.
30.) Professor Császár nahm zur Aussage des Abgeordneten Hobl Stellung, der meinte, man solle die Altersgrenze zum Erwerb von Langwaffen anheben: „Wenn ich die Situation nach der österreichischen Kriminalstatistik verfolge, muß ich zunächst feststellen, daß vom Jahr 1977 bis zum Jahr 1983 die Zahl der Fälle, in denen bei Begehung einer Straftat geschossen wurde, um mehr als ein Viertel zurückgegangen ist. Es ist weiters bekannt, daß im Bereich der kriminellen Schußwaffenverwendungen in erster Linie Faustfeuerwaffen eine Rolle spielen. Sofern es sich dabei um echte Faustfeuerwaffen handelt, was durchaus nicht in allen Fällen zutrifft, sind sie ganz überwiegend illegal. Das heißt, sie würden durch eine Reglementierung des legalen Erwerbs von Faustfeuerwaffen definitionsgemäß nicht erfaßt werden können. Das zweite ist, daß es bei dem, was als Faustfeuerwaffe aufscheint, natürlich auch eine Reihe von „Nicht-Waffen“ gibt, die aber klarerweise der Überfallene, der Bedrohte, nicht als solche erkennen kann. Langwaffen spielen dagegen im Bereich des kriminellen Mißbrauchs gegenüber den Faustfeuerwaffen nur eine untergeordnete Rolle.“ Als nächstes erläuterte Prof. Császár die Situation in der Bundesrepublik. Mit dem zweiten Bundeswaffengesetz in der Form vom Jahre 1976 hat man unter anderem die Erlaubnispflicht für Langwaffen eingeführt. Das Ziel der Gesetzesänderung war zunächst die Senkung der Gewaltkriminalität. Die Statistik der BRD zeige aber, daß vom Jahr 1975, dem Jahr der Einführung dieser Änderung im Waffenrecht, bis zum Jahr 1982 im Bereich der Gewaltkriminalität etwa die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen um ein Drittel gestiegen ist, daß die Zahl der Straftaten gegen die persönliche Freiheit um 50 Prozent gestiegen ist und daß auch die Zahl der Fälle des Raubes um 50 Prozent gestiegen ist. Daraus leitet Dr. Császár ab, daß ein wesentliches Anliegen dieser Änderung, nämlich die Zurückdrängung der Gewaltkriminalität, nicht erfüllt worden sei. Dann brachte Dr. Császár noch ein Beispiel aus Großbritannien. In Großbritannien war bis zum Jahr 1968 der Erwerb von Schrotgewehren frei. Mit einem Gesetz aus dem Jahr 1968 ist auch hier eine Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit eingetreten. Mit ein Grund war, daß man befürchtet hat, daß Schrotwaffen im Bereich der Kriminalität verwendet werden. Vom Jahr 1967 bis zum Jahr 1975 hat sich nicht nur die Zahl der Raubüberfälle um das Zweieinhalbfache vermehrt, sondern es hat die an sich noch immer nicht sehr häufige Verwendung von Schrotgewehren sogar um das Dreieinhalbfache zugenommen. Aus all den genannten Befunden schloß Professor Császár daher, daß man erstens in der gegenwärtigen Situation in Österreich nicht vor der Notwendigkeit stehe, die in Rede stehenden Maßnahmen einzuführen. Császár ist zweitens davon überzeugt: Selbst wenn sie eingeführt werden, bringen sie nichts.
31.) Innenminister Blecha dankte allen Sprechern für ihre fachkundigen Berichte. Er war über das Ergebnis der Enquete sehr, sehr zufrieden, hatte es doch volle Übereinstimmung gegeben, daß alle Erfahrungen mit Waffengesetzen, die bisher vorliegen, zeigen, daß es nicht allein mit Gesetzen und Behörden möglich ist, Voraussetzungen für eine entkriminalisierte, gewaltfreie Gesellschaft zu schaffen, in der Schußwaffengebrauch gegenüber Menschen auszuschließen wäre. Blecha nahm auch zur Kenntnis, daß eine Gesellschaft, die der Brutalisierung, die der Aggression und der Gewaltanwendung verstärkt den Kampf angesagt habe und zu Erfolgen gekommen sei, in der Folge auch liberale Waffengesetze habe. Er sehe daher im Lichte der bekannten Daten keine Veranlassung, das bestehende Waffengesetz generell zu verschärfen. Zu Lichals Forderung nach einer Umrüstung der Exekutive auf eine neue Pistole aus österreichischer Erzeugung, gab Blecha bekannt, daß aufgrund der vorhandenen Finanzen die Umrüstung schon im Gange sei. Den Bundespolizeidirektionen würden auch die neuen Steyr-Sturmgewehre 77 zur Verfügung gestellt werden. Auf die angesprochene Problematik einer eventuellen Anhebung der Altersgrenze gab Blecha bekannt, daß 71 Prozent der Tatverdächtigen über 24 Jahre alt waren und daß von jenen, die über 24 Jahre alt waren, zwei Drittel die Tat mit einer illegal erworbenen Faustfeuerwaffe ausgeführt hätten. Die Täter wären auch mit strengeren und restriktiveren Bestimmungen vom Erwerb dieser später für eine kriminelle Handlung notwendigen Waffen nicht abzuhalten gewesen. Was die Bedarfsfeststellung bei Sport- und Jagdwaffen betrifft, würde Blecha sehr davon abraten. Weil man wegen fünf krimineller Handlungen mit Langfeuerwaffen, die aber auch durch verschärfte Bestimmungen nicht auszuschließen gewesen wären, einfach nicht zulassen sollte, daß sich einige 100.000 – und so viele sind es ja – ordentliche Bürger dieser Republik, Jäger, Sportschützen und Schützenvereinsmitglieder, einem langen und von ihnen zu Recht als schikanös empfundenen behördlichen Verfahren unterziehen müßten.
32.) Frau Dr. Petrik sagte zu der mehrmals erwähnten Altersanhebung für den Erwerb von Langwaffen die Gefahren im Straßenverkehr, bei dem Woche für Woche viele junge Leute verletzt werden oder gar sterben, zur Sprache. So habe es in der Woche vom 6. bis zum 15. Mai 1984 bei 4.221 Verkehrsunfällen 1.198 Verletze und 26 Tote gegeben. So viel zur Frage der generellen Anhebung der Altersgrenze. Zur Erfassung des Besitzstandes von geschätzten 500.000 bis 800.000 Gewehren sagte Dr. Petrik, daß so eine Rückerfassung der Besitzer von Langwaffen, die sich ja in erster Linie aus den durchaus verläßlichen Jägern und Sportschützen rekrutierten, insofern nicht viel bringen würde, als internationale Erfahrungen zeigen, daß sich bei solchen Besitzerfassungen maximal 30 Prozent der Waffenbesitzer tatsächlich melden, sei es aus Unaufmerksamkeit, sei es Versehen, aus Vergeßlichkeit, sei es aus Scheu vor bürokratischer Belästigung, vor den Kosten, die damit verbunden sind, sei es auch aus Angst, daß man jetzt unter dem Mäntelchen der Meldepflicht zunächst einmal erfassen möchte, welcher Bestand an Waffen da ist, um ihnen dann eines Tages die Waffen abzunehmen. Das würde wiederum zu einer sicherlich unerwünschten Kriminalisierung von Hunderttausenden sonst durchaus ehrenwerten und anständigen Bürgern führen, ganz abgesehen davon, daß die Waffen, die im Untergrund blieben, ein Reservoir für den Schwarzhandel darstellen würden. Frau Dr. Petrik bedankte sich noch im Namen der Beamten des Bundesministeriums für Inneres für die Abhaltung der Enquete.
33.) Kommerzialrat Walter Siegert wurde noch einmal das Wort erteilt. Er gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß quer durch alle Fraktionen einhellig die Meinung vertreten werde, daß am bestehenden Waffengesetz nicht allzuviel geändert werden sollte. Dann ging Siegert noch auf die Rolle der Medien an der großen Zahl von Verbrechen ein. Nicht im Allgemeinen, aber auf das Fernsehen: „Es ist eine Verbrecherschule, die wir täglich im Fernsehen erleben.“ Nach dem der Film „Bewegliche Ziele“ (Erscheinungsjahr 1968) im Fernsehen gezeigt wurde, gab es in Wien einen Nachahmungsfall, wobei ein Psychopath von einem Hochhaus herunter auf eine Frau geschossen hat. Die Anregung ist sicher durch den Film erfolgt.
34.) Der Vorsitzende Benya schloß die Enquete um 16.45 Uhr.
Zusammenfassung
Aus der Sicht eines Waffenbesitzers im 21. Jahrhundert gesehen, kann man die Reden – mit Ausnahme des „psychiatrischen Schlechtachtens“ des Professor Ringel und der nur schwer verstehbaren Logik der Abgeordneten Ederer, durchwegs als vernünftig einstufen. Das Sensationelle daran war, daß auch die Mehrheit der Sozialisten durchaus vernünftige Standpunkte zeigten. Solche Aussagen würde man heute von SPÖ-Abgeordneten niemals zu hören bekommen. Damals hießen die Roten in Österreich ja noch Sozialisten. 1991 haben sie sich umgetauft und hießen fortan „Sozialdemokraten.“ Vielleicht haben sie sich dafür geschämt, daß im Namen des Sozialismus im vergangenen Jahrhundert 100 Millionen Menschen von ihren eigenen Regierungen ermordet worden waren. 1 Den Aussagen der Redner konnte man auch deutlich entnehmen, wo die wirklichen Feinde des Privatwaffenbesitzes sitzen: Nämlich bei den Beamten, den Psychologen und den Psychiatern, die ganz gut vom Geld der Steuer zahlenden Bürger leben. Sie interessieren die Ängste, Anliegen und Wünsche der ehrbaren Bevölkerung nicht. Ihnen geht es nur um ihren eigenen Vorteil und den Machtausbau. Waren die Waffengegner 1984 nur unter Beamten und Angehörigen der Psychologie und Psychiatrie zu suchen, so waren sie Ende der Neunziger Jahre in einem immer stärker werdenden Maß in der Politik und im Bereich der Massenmedien zu finden. Die Medien bilden seither die vierte Macht im Staate. 2 Ohne sie wäre die politische Machtelite nichts.
Es ist aber ein Zeichen der Zeit, daß 2014 in Deutschland als Unwort des Jahres, das Wort „Lügenmedien“ kreiert wurde. Das bedeutet, daß die Medien ihre Macht über die Gehirne der Menschen verlieren. Die Menschen lernen wieder selbst zu denken. Und das ist gut so! Nach Gesamtbetrachtung der Redebeiträge der Enquete-Teilnehmer kann man für den politischen Bereich behaupten, daß es früher in allen Parteien durchaus vernünftige Volksvertreter gab. Bezogen auf die Gegenwart ist aber ein eindeutiges Zeichen der Zeit wahrnehmbar: Ganz im Gegenteil, wie etwa im Bereich der Wissenschaft und der Forschung, werden Politiker mit der Zeit nicht gescheiter, sondern in rasenden Tempo immer dümmer! Diese Tatsache muß genannt werden.
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